Kultur

Wipkingen hat eine neue Freizeitattraktion – Bericht im Tagesanzeiger

image_pdfimage_print

Lange stand die Halle neben dem Kesselhaus auf dem EWZ-Gelände Letten leer. Ein Verein erweckt sie jetzt zum Leben. Freiwillige halfen beim Aufbau der Sporteinrichtungen mit.

Artikel im Tagesanzeiger vom 16.1.2025 von Jean-Marc Nia (Text) und Sabina Bobst (Fotos)

Es ist kalt im Burrischopf. Es zieht. Heizungen gibt es keine. Isoliert ist das Gebäude nahe dem Oberen Letten ebenfalls nicht.

Trotzdem sind einige in der 700 Quadratmeter grossen Halle in T-Shirts unterwegs. Ein junger Mann zum Beispiel, der sich an einer Boulderwand versucht, und ein anderer, der beim Skaten an seinen Skills schleift.

Die grosse Halle ist ein richtiger Spielplatz geworden.

Auch Pétanque kann hier gespielt werden. Oder Pingpong. In regelmässigen Abständen finden Kunstausstellungen statt, es gibt Yogakurse, und montags ist die ganze Anlage für Finta-Personen, also Frauen, intergeschlechtliche, nicht binäre, trans und agender Personen, zur freien Nutzung reserviert.

Die Vorgeschichte des Burrischopfs

Ende des 19. Jahrhunderts wurden das Kesselhaus wie auch der benachbarte sogenannte Burrischopf als Maschinenhallen erbaut. Beide Gebäude stehen unter Denkmalschutz, in den letzten Jahren nutzte das EWZ sie als Werkstatt und Aufenthaltsraum. Länger standen sie mehrheitlich leer, das Kesselhaus wurde zwischenzeitlich zweimal besetzt, aber jeweils schnell geräumt.

Im Sommer 2023 beschloss der Stadtrat, im Kesselhaus künftig eine Schulschwimmanlage zu betreiben. Der Burrischopf war schon damals als Standort für eine Energiezentrale vorgesehen. Im August desselben Jahres wurde das Kesselhaus vom Verwaltungsvermögen des EWZ in jenes der Immobilien Stadt Zürich (Immo) übertragen. Der Burrischopf blieb weiterhin im Besitz des EWZ.

Ursprünglich sah die Planung vor, das Kesselhaus für eine Zwischennutzung freizugeben, bis die Umbauarbeiten für die Schulschwimmanlage starten. Während der Abklärungen beider Gebäude kam man aber zum Schluss, dass sich der Burrischopf aus baulicher Sicht – und deshalb auch aus terminlichen und finanziellen Gründen – dafür mehr anbietet.

Nach einer öffentlichen Information über den Quartierverein Wipkingen und dessen Ausschreibung eines Wettbewerbs sammelte dieser bis Ende Januar 2024 Ideen. Aus dem weiteren Prozess ging schlussendlich die Gründung vom «Verein Burrischopf» mit einem fünfköpfigen Vorstand hervor.

Nicht irgendein Vorstand, sondern «der beste Vorstand», wie Eva Rottmann, eines der fünf Mitglieder, formuliert.

Zusätzlich gründete sie mit Tobias Meier und Serge Bertschi den Unterverein Lettyrämp, der sich um den Skate-Park in der Halle kümmert, durch den beim Besuch drei Teenager brettern.

Das Startkapital war bescheiden: Der Burrischopf erhielt 1000 Franken vom Quartierverein Wipkingen, 500 Franken steuerte die Migros Zürich bei, 8000 Franken das Sozialdepartement. Der Vorstand stellt laufend neue Gesuche für die Weiterfinanzierung. Etwa um Strom für die Halle oder die Wartung des Kompotoi gewährleisten zu können. Lohn bekommt hier niemand, alle leisten Freiwilligenarbeit. Serge Bertschy erinnert sich, wie zeitweise 30 Personen gleichzeitig an der Skateboard-Anlage schraubten.

Gleiches gilt für den Aufbau des Moonboards, einer Kletterwand im Boulderbereich. Unter ihren Griffen sind LED-Lichter, die über eine App aufleuchten und so verschiedene Routen vorgeben. Um deren Installation kümmerte sich der nicht kommerzielle Kletterverein Stromchaschte.

Eine freie Szene von Pingpongspielerinnen und -spielern, die sich regelmässig auf der Josefwiese treffen, sammelte Tische und stellte sie im Burrischopf auf.

Und der Pétanque-Club wiederum sorgte mit seinem Mitglied Roland Rüegsegger, ebenfalls im Vorstand des Vereins Burrischopf, für die korrekte Errichtung der drei Pétanque-Bahnen.

Alle packten mit an, ohne dafür entlöhnt zu werden. «Wenn du für etwas on fire bist, dann investierst du eben Zeit dafür», sagt Rottmann.

Auch Anwohnerinnen und Anwohner halfen während der Bauphase mit, brachten Essen vorbei, Tee, Snacks, Möbel, Holzplanken, Farbe.

Der grosse Wunsch der Macherinnen und Macher

Doch das Engagement hat auch seine Grenzen. «Am liebsten hätte ich ja den Schopf sieben Tage in der Woche für alle geöffnet», sagt Vorstandsmitglied Jonas Schuler. Nur habe das eben mit einer Finanzierung zu tun. Da müsste jemand bezahlt werden, der den Schopf öffne und schliesse, gibt Eva Rottmann zu bedenken. Natürlich: Mitgliedschaften bringen etwas Geld in die Kasse, und der Verein erhält auch Spenden. Momentan ist die Halle für die Öffentlichkeit deshalb nur dann offen, wenn ein Vereinsmitglied des Burrischopfs vor Ort ist. Erfahrungsgemäss sei dies aber immer so ab 13 Uhr der Fall, sagt Rottmann.

So kalt wie es jetzt im Burrischopf ist, so heiss ist es im Sommer. «Bei Aussentemperaturen von 30 Grad hält man es hier drinnen nicht aus», sagt Schuler. Gut also, dass das Eröffnungsfest im Frühling angedacht ist.

Webseite

Kommentar verfassen