Kultur

Restaurant Tizziani – 13 Gault-Millau-Punkte

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Das Tizziani ist unter neuer Führung seit dem Sommer wieder geöffnet. Roberto Colagiero hat das Lokal gepachtet, Krista Ellensohn kocht auf höchstem Niveau und Igor Dachivets, der Chef de Service ist immer für die Gäste da. Aber keine Angst, das heutige “Tizziani” ist kein Szenelokal, wo wichtiger ist, wer nebenan sitzt, als was auf dem Teller liegt.

Auszug aus dem Gourmet-Blog des Zürcher Journalisten und Weltwoche-Autors David Schnapp:

“Das Restaurant: Regelmässige Leser meines Blog wissen, es macht mir nichts aus, für ein Abendessen ein paar hundert Kilometer zu fahren (und auch wieder zurück). Aber manchmal liegt das Gute näher, als man weiss. So dachte ich jedenfalls nach dem ersten Besuch im “Tizziani”, einem kleinen, romantischen Lokal in Zürich-Wipkingen, das von meinem Zuhause aus über einen kurzen, schönen Spaziergang dem Fluss entlang erreichbar ist. Im Sommer gibt es einen kleinen “Garten”, der ganz urban auf dem Trottoir angelegt ist. Die farbenfrohen Tische sind von hochwachsendem Grünzeug in grossen Töpfen umstellt, das Arrangement hat einen ganz eigenen Charme.

Das “Tizziani” geht zurück auf Remo Tizziani, Szenehistorikern bekannt als Gründer des “Gasometer” (heute J.O.S.E.F.), das den Grundstein legte für eine neue Art von hippen Restaurants, über deren Qualität man ganz allgemein durchaus geteilter Meinung sein kann. Aber keine Angst, das heutige “Tizziani” ist kein Szenelokal, wo wichtiger ist, wer nebenan sitzt, als was auf dem Teller liegt.

Das Essen: Die Karte ist vertrauenserweckend klein, dazu ein paar Tagesaktualitäten und als Spezialität wird unter anderem ein Stubenküken aus dem Aargau angeboten. Mediterranes mischt sich mit Gutbürgerlichem, und dazu kommt eine feine orientalische Note. Zum Apero gibt es Crostini mit einem würzigen Feta-Aufstrich, dann ein netter Gruss aus der Küche: ein Wasabimousse mit einer Scheibe Mango, die in einem Tempurateig ausgebacken wurde. Die Frucht in der krossen Hülle und die leichte Mousse sind ein schönes Beispiel, für die erfreuliche Wirkung von Gegensätzen in der Küche: Süsse und Schärfe sowie weich, cremig und knusprig.

Meine Vorspeise ist ein Sommerklassiker, Vitello Tonnato, das ich so gut noch nirgends gegessen habe. Krista Ellensohn, die One-Woman-Show in der Küche, erstickt das zarte Kalbfleisch nicht wie viele ihrer Kollegen in Mayonnaise, sondern serviert es es eher mit eine vinaigrette-ähnlichen, perfekt abgeschmeckten Sauce aus Thunfisch, Sardellen, japanischem Senf, Zitrone, Essig und Gewürzen. So dargereicht hat das Gericht das Potenzial ein “Signature Dish” zu werden.

Beim Hauptgang hatte ich eingentlich mit Rindfleisch gerechnet, angekündigt war Siedfleisch. Aber Krista Ellensohn hat beim Kochen insbesondere die weiblichen Gäste im Blick und die würden lieber Kalbfleisch essen, sagt sie später bei einem kurzen Telefongespräch. Das Siedfleisch wird also vom Kalbshohrücken zubereitet und klassisch in einer Brühe gargezogen. Es ist für meinen Geschmack etwas zu mager und deshalb leicht trocken sowie etwas salzarm. Rindlfeisch hat dann halt doch etwas mehr Struktur und Kraft. Aber wenn es den Frauen so besser schmeckt, wollen wir nicht überkritisch sein… Als Beilage gibt es einen schlichten, aber feinen toskanischen Brotsalat, insgesamt schmeckt auch dieses kalte Gericht sehr gut.

Zum Dessert bekomme ich einen cremigen Eiskaffee, der mit Gewürzen wie Zimt oder Kardamom ergänzt wurde und in seiner gradlinigen Einfachheit so gut schmeckt wie alles, was vorher schon serviert wurde. Mein schönes Gegenüber bekommt einen wunderbaren, leichten Jogurtkuchen mit Cassis-Eis und schönem Süsse-Säure-Spiel.

Fazit: Das “Tizziani” ist ein Kleinod im Quartier, ein perfektes Lokal für Liebhaber einfacher, frischer Küche auf hohem Niveau. Neben der Erkenntnis, dass das Gute oft nah liegt, wird einem auch die Weisheit, dass das Einfache in der Küche viel Liebe und Zuwendung braucht, hier serviert. Krista Ellensohn hat eine klare Linie, einen sicheren Instinkt für Gewürze und kocht damit und mit ausgezeichneten Zutaten hervorragend.

Atmosphäre: Eine Frau in der Küche, ein Mann im Service, so die überschaubare personelle Anordnung im “Tizziani. Igor Dachivets, der Chef de Service, ist immer da, wenn man ihn braucht, und sorgt mit seiner diskreten, freundlichen Präsenz für einen angenehmen Abend.

Preise: Vorspeisen zwischen Fr. 10.50 und 22.50, Hauptgänge 39.50 bis 51.50, Desserts 9.50 bis 13.50; man bekommt hier problemlos für 100 Franken pro Person drei Gänge in ausgezeichneter Qualität inklusive offenem Wein und Kaffee.

Bewertungen: 13 Gault-Millau-Punkte”

Restaurant:Tizziani
Koch:Krista Ellensohn
Adresse:Hönggerstrasse 10, 8037 Zürich
Öffnungszeiten:Dienstag bis Samstag ab 18 Uhr

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