Dämpfer für Simone Brander beim «Dialogprozess» zur Rosengartenstrasse
Die Zürcher SP-Verkehrsministerin plante eine Arbeitsgruppe zur Zukunft der Verkehrsachse. Doch dieser droht nun das Aus. Der Gemeinderat hat 150’000 Franken aus dem Budget gestrichen.
Artikel im Tagesanzeiger vom 11.12.2025 von Martin Huber
In Kürze:
- Der Zürcher Gemeinderat strich 150’000 Franken für den umstrittenen Dialogprozess zur Rosengartenstrasse.
- Mehrere Interessenverbände und Quartierorganisationen sind bereits aus dem Gremium ausgetreten.
- Die Alternative Liste scherte in dieser Frage ausnahmsweise aus dem links-grünen Bündnis aus.
- Der Handlungsspielraum der Stadt bei Verkehrssignalisationen ist durch kantonale Zuständigkeiten stark eingeschränkt.
Der Zürcher Gemeinderat hat am Donnerstagnachmittag die Budgetdebatte fortgesetzt. Zu reden gaben unter anderem geplante Ausgaben von 150’000 Franken, die das Tiefbauamt für externe Beratungen und Gutachten im Zusammenhang mit dem «Dialogprozess Zukunft Rosengartenstrasse» budgetieren wollte
Der Hintergrund: Tiefbauvorsteherin Simone Brander (SP) möchte mit verschiedenen Organisationen über die Entwicklung der stark befahrenen, vierspurigen Einfahrtsachse nachdenken – «ergebnisoffen». Dafür lancierte sie im vergangenen Sommer den Dialogprozess.
Angst vor «Feigenblatt»: Verbände traten aus
Doch dieser steht unter einem schlechten Stern. Schon vor der ersten Sitzung traten die bürgerlichen Verkehrsverbände ACS und TCS, der Hauseigentümerverband sowie der Gewerbeverband aus. Sie wollten sich nicht als «Feigenblatt» einer aus ihrer Sicht einseitigen Runde präsentieren.
Inzwischen haben auch Anwohnervertretungen, der Quartierverein Wipkingen und die IG Westtangente Plus das Gremium verlassen, wie die NZZ berichtete. Sie kritisieren das Ungleichgewicht in der Zusammensetzung der Teilnehmer und bezeichnen die erste Sitzung als «Frontalunterricht» durch die Stadt. Auch der Kanton zieht sich zurück.
Und jetzt hat auch der Gemeinderat den Geldhahn zugedreht. Mit 67 zu 56 Stimmen hiess er die von FDP, SVP, GLP, Mitte/EVP und AL beantragte Streichung der 150’000 Franken gut.
Kritik an «Pseudo-Mitwirkung»
Weil bereits viele Interessenverbände und Quartierorganisationen aus dem Dialogprozess ausgestiegen seien, handle es sich nur noch um eine «Pseudomitwirkung», und diese brauche es nicht, sagte Sven Sobernheim (GLP).
Stephan Iten (SVP) zweifelte den Nutzen des Dialogprozesses grundsätzlich an. Der Stadtrat nehme nur Argumente auf, die ihm genehm seien, nicht aber kritische Meinungen, sagte er. Das habe man schon bei ähnlichen Arbeitsgruppen im Zusammenhang mit der Verkehrsführung an der Bellerivestrasse und um den HB feststellen müssen. «Die Dialogprozesse bringen nichts, die Stadt macht sowieso, was sie will», sagte Iten.
Martina Zürcher (FDP) verwies darauf, dass bereits seit sechzig Jahren über Lösungen für den Verkehr an der Rosengartenstrasse diskutiert werde und deshalb die Positionen der verschiedenen Interessengruppen längst bekannt seien. Deshalb brauche es keinen neuen Dialogprozess.
Grüne: «Debatte um Rosengartenstrasse ist noch lange nicht vorbei»
Felix Moser (Grüne) lehnte die Kürzung ab. Es gebe rund um die Zukunft der Rosengartenstrasse noch sehr vieles zu besprechen, dabei müsse die Stadt auch die Bevölkerung miteinbeziehen. «Die Debatte ist noch lange nicht vorbei», sagte Moser. Es müsse geklärt werden, welche Verkehrslösungen mehrheitsfähig seien, deshalb brauche es den Dialogprozess.
In dieser Frage scherte die Alternative Liste für einmal aus dem links-grünen Lager aus. Auch er wünsche sich eine stadtverträgliche Lösung an der Rosengartenstrasse, sagte Michael Schmid (AL). Aber ein Dialogprozess, bei dem fast alle massgeblichen Akteure ausgestiegen seien, mache wenig Sinn.
Brander: «Aufgeschoben ist nicht aufgehoben»
Tiefbauvorsteherin Simone Brander erinnerte an das Ziel, die Rosengartenstrasse zu einer stadtverträglichen Achse umzugestalten. Deshalb bedaure sie es, wenn der Dialogprozess unterbrochen werde, denn dieser sei wichtig. «Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben», sagte die SP-Stadträtin. Nun müsse ihr Departement schauen, wie es weiter vorgehen wolle. Die Streichung der 150’000 Franken bedeute «keinen vollständigen Halt», sagte Brander.
Handlungsspielraum der Stadt an der Rosengartenstrasse begrenzt
Der Handlungsspielraum der Stadt an der Rosengartenstrasse ist begrenzt. Der Versuch, Tempo 30 einzuführen, scheiterte 2023 am Veto der Kantonspolizei; der Rechtsstreit läuft noch. Mit der vor kurzem angenommenen Mobilitätsinitiative sind die Kompetenzen der Stadt bei Strassensignalisationen weiter geschrumpft – faktisch liegt die Zuständigkeit nun beim Kanton.