Kultur

Christian Egger vom Restaurant Grüntal: Der Marthaler unter Zürichs Köchen

image_pdfimage_print

Im Restaurant Grüntal in Zürich ist die Karte klein, aber fein. Die Muscheln und Pommes frites schmecken ausgezeichnet.

Artikel im Tagesanzeiger vom 19.1.2015

Der belgische Winterklassiker schmeckt ausgezeichnet: Moules et Frites im Grüntal. Foto: Thomas Burla

Mit dem Restaurant Grüntal setzt einer von Zürichs kreativsten Wirten seinen Weg unbeirrt fort. Christian Egger hat einst das Café Boy von einem unbedeutenden Quartierspunten in ein bewundertes Lokal in Aussersihl verwandelt. Später war er als Beizer des legendären Tessinerkellers raffinierter Stammeshäuptling der Langstrasse und Sponsor einer Mannschaft der Alternativliga, bei der mein Partner ebenfalls mitgekickt und Grosses geleistet haben will.

Jetzt führt er mit dem Grüntal ein Restaurant, das jederzeit als Kulisse für eine Marthaler-Inszenierung fungieren könnte: Schäbiges Interieur mit Radio aus den 40er- und TV aus den 70er-Jahren, FCZ-Emblemen, Steinbockhörner an der Wand und Weinflaschen in den Gestellen. Auch die Location stimmt: Die Breitensteinstrasse an der Grenze von Wipkingen und Höngg kann für sich in Anspruch nehmen, nach dem Umbau der Weststrasse die wohl lärmigste und hässlichste Strasse Zürichs zu sein. Zum Glück ist auch diese Gegend im Begriff, sich zu verändern.

Wir kommen ins Gespräch mit einem netten Pärchen, das uns mit seiner Essenswahl gluschtig macht. Zwar hätte ich liebend gerne Biometzgete «Vom Schnörrli bis zum Schwänzli» gegessen. Doch für diesen winterlichen Klassiker, der noch bis Mitte Februar aufgetischt wird, bin ich mit der falschen Begleitung unterwegs. Da bräuchte es einen Karnivoren, dem das Wasser im Mund zusammenläuft, wenn er nur schon das Wort Metzgete hört.

Die Karte ist klein, aber fein. Christian Egger verbindet auch hier seine Asienpassion mit bodenständigen Schweizer Gerichten. Beides erweist sich als sehr eigenständig. Und die Preise sind fair.

Mein Partner lobt den pikanten Papayasalat (14.50 Fr.) und findet es fast schon unanständig, wie oft sich meine Gabel in seinen Teller verirrt. Aber auch meine Vorspeise, ein Salmtatar mit einer Sauce aus Wasabi und Sauerrahm (14.50 Fr.), ist lecker, jedoch eher mild.

Lebendige Atmosphäre

Das Restaurant ist, wie fast immer, ausgebucht. Sein Stamm aus dem Kreis vier ist dem Häuptling treu geblieben und taucht regelmässig im Grüntal auf. Es herrscht eine lebendige Atmosphäre. Der Wein, ein Ripasso di Amarone (1 dl 6 Fr.), passt bestens zum Entrecôte, das rosa und butterzart ist. Ich habe den zweiten Winterklassiker gewählt: Moules et Frites (30 Fr.), ein belgisches Gericht, das Egger schon seit Jahrzehnten auf der Speisekarte führt. Die Muscheln werden serviert, wie es sein muss: auf einem Rechaud, damit alles warm beziehungsweise heiss bleibt. Die Moules sind frisch, ohne Knoblauch zwar, aber mit viel Petersilie. Und die Pommes frites sind ausgezeichnet.

Der Wirt lässt es sich nach dem ersten Ansturm nicht nehmen, an jedem Tisch ein paar Worte zu plaudern. Wir erhalten einen Schnaps, obwohl wir die Metzgete gar nicht bestellt haben. Das Dessert, ein Caramelköpfli (11.50 Fr.), schmeckt so gut, wie es sonst nur möglich ist, wenn man es selber kreiert. Eggers Küche ist sich treu geblieben, oder um es kurz und bündig zu sagen: Noch nie haben mein Partner und ich nach einem Testessen im neuen Jahr so zufrieden und begeistert den Heimweg angetreten wie nach unserem Besuch des Grüntal.

Restaurant Grüntal, Breitensteinstr. 21, 8037 Zürich, 044 241 22 28, Dienstag bis Samstag, 17–24 Uhr, So/Mo, geschl.

 

Kommentar verfassen