Licht fürs Restaurant Nordbrücke
Die Liegenschaft Nordbrücke in Wipkingen hat einen neuen Besitzer. Dieser will sowohl das Haus als auch das Restaurant erhalten.
Die Renovation des Restaurant Nordbrücke verzögert sich
Artikel von Philipp Albrecht im Tagesanzeiger vom 17.8.07
Der neue Quartiertreffpunkt in Wipkingen wird aus steuerlichen Gründen in Etappen realisiert. Der neue Gastronomiebetrieb wird voraussichtlich Ende 2008 aufgenommen.
In Wipkingen fehlt ein richtiges Quartierzentrum. Vor Jahrzehnten war das der Wipkingerplatz nahe der Limmat. Mit der Zunahme des Individualverkehrs wurde der Platz jedoch mehr und mehr zum grossen Kreisel mit Tramhaltestelle. So versuchte man das Quartierzentrum auf den Röschibachplatz beim Bahnhof Wipkingen zu verschieben. Doch auch das ging schief. Heute wird der Platz von unattraktiven, brockenhausähnlichen Läden und einem grossen Matratzendiscounter geprägt. Ein Planungsfehler folgte dem nächsten.
Das markanteste Gebäude am Röschibachplatz und gleichzeitig eines der ältesten in der Umgebung ist das Restaurant Nordbrücke. Es wurde 1894 gebaut, seine Bausubstanz seither nicht mehr angerührt. Trotzdem ist es nach wie vor in einem sehrguten Zustand. Grund genug für den Bauingenieur und Retter des Alten Löwen am Rigiplatz, Urs Räbsamen, das Haus dem Besitzer Fred Tschanz abzukaufen. Tschanz versuchte seit Jahren, das Haus, wo sich heute noch ein Gastronomiebetrieb befindet, loszuwerden. Er verhandelte lange mit den SBB, die es zusammen mit dem Bahnhofsgebäude daneben abreissen und einen 40-Meter-Turm bauen wollten. Doch das weckte Widerstand im Quartier.
Letzte Woche stellte Urs Räbsamen zwei Vertretern des Quartiervereins Wipkingen die detaillierten Sanierungspläne vor. Der Gastronomiebereich im Erdgeschoss soll vergrössert werden. Küche, Toiletten und die restliche Infrastruktur wie Büros und Personalräume kommen in den Keller. In den oberen zwei Stockwerken werden je zwei 3- und 4-Zimmer-Wohnungen gebaut. Eine fünfte Wohnung entsteht im Anbau an der Südfassade, der zusätzlich bis auf Dachhöhe aufgestockt wird.
Quartierverein ist begeistert
Die Fassade wird nur sanft renoviert. Das Gebäude soll weiterhin als das quartierbekannte Restaurant Nordbrücke erkennbar sein. «Das Haus wird lediglich etwas mächtiger. Es erhält durch den Anbau etwas mehr Gewicht», sagt der Bauingenieur, der mit vier interessierten Pächtern im Gespräch ist. Einer davon bringe laut Räbsamen besonders viel Erfahrung aus dem Gastronomiebereich mit. Sein Vorschlag: Der Schankbereich zum Röschibachplatz hin soll bestehen bleiben. Auf der hinteren Seite des Hauses, die einst als Küchengarten genutzt wurde und heute ein ungenutzter Kiesplatz ist, würde ein Gartenrestaurantbereich entstehen. «Der mögliche Pächter möchte keine einfache Quartierbeiz machen», ergänzt Räbsamen und stellt damit einen Gastronomiebetrieb in Aussicht, der Leute aus der ganzen Stadt anziehen soll. Seine Mitarbeiterin, Daniela Gehlich, betont die Wichtigkeit des Gebäudes und des Platzes für Wipkingen: «Das ist eines der ältesten Gebäude des Quartiers, und wir wollen es ein bisschen herausputzen, damit es auf dem Röschibachplatz ein zentraler Blickfang wird.»
Beni Weder, Präsident des Quartiervereins Wipkingen, ist vom Projekt begeistert: «Fürs Quartier wäre das eine Erlösung. Wipkingen hat sonst keinen Quartiertreffpunkt.» Er glaubt, dass dadurch besonders junge Leute angezogen würden. Auch was die konkrete Umsetzung der Pläne angeht, zeigt Weder Zuversicht: «Herr Räbsamen hat mit dem Alten Löwen ja bewiesen, dass er das kann.»
Etappierung wegen «Dumont-Praxis»
Bis das Haus aber vollständig renoviert sein wird, dauert es mindestens fünf Jahre. Schuld ist laut Räbsamen die so genannte «Dumont-Praxis», die der Kanton Zürich seit etwas mehr als einem Jahr auf Geheiss des Bundesgerichts anwendet. Sie schreibt vor, dass ein Haus mindestens fünf Jahre im Besitz eines Käufers sein muss, bis er die Investitionskosten von den Steuern abziehen kann. Damit soll verhindert werden, dass Investoren stark renovationsbedürftige Liegenschaften billig kaufen, sofort renovieren und die Kosten dafür bei den Steuern abziehen. Der steuerliche Vorteil gegenüber Käufern, die gut erhaltene Lie- genschaften zu einem höheren Preis kaufen, soll so verhindert werden.
Räbsamen, der rund 2,5 Millionen Franken in die Renovation investieren will, müsste nach eigenen Angaben etwa eine Million Franken an Steuern bezahlen, würde er – wie ursprünglich geplant – die Renovation innerhalb eines halben Jahres durchführen. «Das verzögert das Ganze leider ein wenig, weil ich das Geld nicht zweifach investieren kann», erklärt Räbsamen. Er wird nun etappenweise vorgehen müssen. «Zuerst machen wir Fassade und Dach und in einer zweiten Etappe das Restaurant.» Das neue Restaurant Nordbrücke könne daher nicht wie geplant im Juli, sondern frühestens im Dezember 2008 eröffnet werden. Und die Wohnungen werden nicht vor 2011 fertig sein.
Für die Quartierbewohner wird das jedoch kaum Auswirkungen haben, sofern sie sich nicht für eine der Wohnungen interessieren. «Die äussere Erscheinung wird in einem Jahr erneuert sein, obwohl das Gebäude faktisch noch nicht renoviert ist», sagt Räbsamen und sieht dafür Vorteile für die Randständigen, die im Moment noch die einzelnen Zimmer in den oberen Stockwerken bewohnen: «Die sind ja vielleicht ganz froh, wenn sie noch eine Weile bleiben können. Nachher werden sie Mühe haben, eine neue Bleibe zu finden.»