Städtebau

Hochhaus auf dem Escher-Wyss-Areal zwar bewilligt – aber mit hohen Auflagen

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Die Bausektion des Zürcher Stadtrats hat das Hochhaus auf dem Escher-Wyss-Areal zwar bewilligt – aber mit so hohen Auflagen, dass es seiner wirtschaftlichen Grundlage beraubt ist. Die Bauherrin Allreal findet das Vorgehen «skandalös».

Das Hochhaus von E2A Eckert und Eckert Architekten direkt neben dem Bluewin-Tower beim Zürcher Escher-Wyss-Platz könnte heute praktisch fertig gebaut sein – wenn die Bauherrin Allreal nicht freiwillig auf die Wünsche der Stadt eingegangen wäre. Für Herbst 2008 war der Baubeginn geplant, im Frühjahr 2010 hätten die 60 Wohnungen bezogen werden sollen. Das Modellmagazin an der Hardturmstrasse, das nicht unter Denkmalschutz steht, hätte dem Neubau weichen müssen.

Es kam anders: Das städtische Baukollegium fand, es wäre doch schön, wenn man das alte Backsteingebäude erhalten könnte. Das war aber nicht ganz einfach, weil die im Gestaltungsplan festgelegte Baulinie mitten durch das Haus verlief. Mitte der 1990er Jahre, als die Planungsgrundlagen geschaffen worden waren, hatte man eben fest mit dem Abbruch des Modellmagazins gerechnet. Es brauchte also eine Änderung des Gestaltungsplans, was Allreal eine Verzögerung des Projekts von rund zwei Jahren einbrachte.

Das Projekt sah nun vor, das Hochhaus gewissermassen aufs Modellmagazin zu stellen – gegen oben hin so verjüngt, dass es wie eine Pyramide wirkte. Natürlich war allen klar, dass man das alte Gebäude Stein für Stein zerlegen und am Ende wieder um den Neubau herumbauen müsste. In diesem Sockelbereich sollte die neue Probebühne des Opernhauses untergebracht werden. Ein fensterloses Stockwerk war zudem für Nebenräume, unter anderem Technik- und Abstellräume, berechnet. Im Januar dieses Jahres bewilligte der Gemeinderat die Änderung des Gestaltungsplans, im Juli folgte die Baubewilligung der Bausektion.

Weniger vermietbare Fläche

Die Bauherrschaft konnte ob der erteilten Bewilligung aber nicht froh werden: Sie musste nämlich zur Kenntnis nehmen, dass die vermietbare Fläche von maximal 12 500 auf 9400 Quadratmeter reduziert worden war. Damit wurde das Projekt seiner wirtschaftlichen Grundlage beraubt, wie Allreal-Sprecher Matthias Meier sagt. Ihn ärgert am meisten, dass dieser Entscheid im Gegensatz steht zu früher gemachten Aussagen des zuständigen Amtes für Baubewilligungen, wonach einer raschen Bewilligung des Projekts nichts entgegenstehe. Das sei «skandalös und ausgesprochen bedenklich», sagt er.

 Altes Projekt «gestorben»

Der zentrale Streitpunkt ist die Frage, ob die oberirdischen Nebenräume bei der Berechnung der Nutzfläche angerechnet werden oder nicht. Die Stadt rechnet sie an, womit sich die vermietbare Fläche massiv vermindert. Für Allreal hingegen ist der hohe Anteil der Nebenflächen auch eine Folge davon, dass man das Modellmagazin erhalten will – was eine Ausnahmegenehmigung gerechtfertigt hätte. Eine solche Ausnahme gibt es übrigens gleich nebenan, im Puls 5. Dort wurde die Giessereihalle bei der Berechnung der maximal Nutzfläche nicht berücksichtigt. Wegen des hohen Grundwasserspiegels können die Nebenräume nicht in zusätzliche Untergeschosse verlegt werden.

Allreal hat gegen die eigene Baubewilligung rekurriert,

glaubt aber nach der Stellungnahme der Bausektion zu diesem Rekurs nicht mehr an die Realisierung des Projekts. «Das Hochhaus, wie man es von den Visualisierungen her kennt, ist gestorben», sagt Matthias Meier. Die Bausektion stellt sich auf den Standpunkt, man habe streng nach den Richtlinien des Gestaltungsplans entschieden – und zuvor auch «nie wissentlich» etwas anderes versprochen. Was Allreal-Sprecher Meier an der Stellungnahme besonders aufregt,- ist der Punkt, dass die Bausektion eine Parteientschädigung fordert – weil es sich um einen schwierigen Fall handle, der den Beizug zusätzlicher Rechtsexperten nötig gemacht habe. Das sei schon bitter -vor allem wenn man die 60 000 Franken Gebühren für die Baubewilligung mitberücksichtige, die ja nun nutzlos sei. Im Ganzen hat Allreal für das Projekt bisher 3 Millionen Franken aufgewendet.

Wieder auf Feld eins

Allreal hat bereits damit begonnen, das Projekt grundlegend zu überarbeiten. Das Hochhaus soll nun nicht mehr auf das Modellmagazin zu stehen kommen, sondern daneben, also zwischen den Altbau und den Bluewin-Tower. Das würde es unter anderem ermöglichen, die technischen Einrichtungen auf dem Dach des Modellmagazins unterzubringen, womit sie nicht mehr in die Berechnung der Nutzflächen einbezogen würden. Grundsätzlich gehe es nun darum, die Zahl der Nebenräume zu reduzieren oder eben andere Lösungen zu finden, sagt Matthias Meier.

Die Bauherrschaft hatte insgeheim darauf gehofft, diese Umprojektierung im Rahmen der Erledigung der Auflagen realisieren zu können. Die Stadt Zürich lehnt ein solches Vorgehen jedoch ab und betrachtet die Veränderung als vollständig neues Projekt. Das bedeutet für Allreal: Zurück auf Feld eins. Als Erstes wird nun in den nächsten Wochen das städtische Baukollegium das Projekt begutachten – womit sich der Kreis schliesst.

Areal des Flick-Museums

Die Geschichte der gescheiterten Projekte rund um das alte Modellmagazin ist damit um ein Kapitel reicher. Schon im Jahr 2001 war das Areal in die (internationalen) Schlagzeilen, geraten, weil der Kunstsammler Friedrich Christian Flick hier ein Museum für zeitgenössische Kunst errichten wollte. Der Architekturstar Rem Koolhaas hatte bereits unzählige Modelle entwickelt, doch das Projekt scheiterte – nicht zuletzt am Widerstand lokaler Kulturschaffender. 2004 kaufte Allreal die Liegenschaft.

 

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