Gute Nachricht: Bahnhofreisebüro Wipkingen bleibt offen

Die SBB haben eingelenkt: Das von Privaten geführte Bahnhofreisebüro Wipkingen in Zürich bleibt bis Ende 2020 in Betrieb.

Artikel in der NZZ vom 7.12.2017 von Dorothee Vögeli

Die Hiobsbotschaft sorgte für Konsternation im Quartier: Weil die SBB aus dem Billettverkauf durch Drittpartner aussteigen wollen, kündigte das Bahnhofreisebüro Zürich Wipkingen im Sommer die definitive Schliessung auf Ende Jahr an. Dieses gehört zu den schweizweit 52 Verkaufsstellen, die ein Bahnbillettangebot auf Kommissionsbasis anbieten. Betrieben werden diese von Migrolino, Avec-Shops, Poststellen oder wie in Wipkingen von privaten Stationshaltern.

Breiter Widerstand

Nun haben die SBB eingelenkt: Bis Ende 2020 werden die Drittverkaufsstellen weiterhin Bahnbillette verkaufen und Serviceleistungen anbieten. Auch mit den privaten Stationshaltern hat sie neue Verträge ausgehandelt, und deshalb kann die Wipkinger Stationsleiterin Regula Fischer ihren Kundinnen und Kunden die frohe Botschaft verkünden: «Wir sind auch 2018 für Sie da.»

Gegen das Tempo der SBB-Online-Strategie formierte sich vor über einem Jahr breiter Widerstand. Als die SBB ihren Entscheid kommuniziert hatten, Anfang 2018 den bedienten Billettverkauf einzustellen, erhielten sie innert weniger Monate eine Petition mit über 30 000 Unterschriften. Im Juni unterstützte der Nationalrat eine Motion, die ein Moratorium «für den Serviceabbau bei den SBB-Drittverkaufsstellen» forderte, und im September verlangte auch der Ständerat überraschend deutlich, mit dem Abbau der Verkaufsstellen zuzuwarten.

Uvek formuliert klaren Auftrag

In der Folge nahm das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) unter der Federführung von Doris Leuthard die SBB in die Pflicht. Der Auftrag lautete, allen Drittverkaufsstellen, deren Vertrag Ende Jahr ausläuft, ein neues vertragliches Angebot zu unterbreiten. Dieses soll so ausgestaltet sein, dass sich der Betrieb bis Ende 2020 aufrechterhalten lässt. Wegen des unternehmerischen Risikos steht es den Partnern frei, den Vertrag auch früher zu kündigen.

Benedikt Gschwind, Präsident des Verwaltungsrats der Bahnhofreisebüro Wipkingen AG, zeigt sich erfreut, dass das lange Tauziehen nun ein Ende hat. «Das politische Engagement hat sich ausgezahlt», sagt er auf Anfrage. Und dies in allerletzter Minute: Noch im September hätte er den im Quartier wohnenden Aktionärinnen und Aktionären beinahe die Liquidation der Gesellschaft beantragt. Doch dann setzte der Ständerat ein hoffnungsvolles Signal, worauf Gschwind den Liquidationsantrag zurückzog.

Beraten wird wichtiger

Für die SBB sei immer klar gewesen, dass sie den politischen Auftrag umsetzen werden, sagt Sprecher Reto Schärli. Ab 2021 möchten die SBB aber die heutige Strategie weiterverfolgen. Sie werden die Gelder, die sie bis Ende 2020 für die Kommission der Drittverkaufsstellen zahlen, vollumfänglich in die eigenen Reisezentren und in die digitalen Kanäle investieren, wie Schärli ausführt. Man verzeichne online grosse Wachstumsraten. Gleichzeitig entspreche die Beratungstätigkeit am Schalter einem wachsenden Kundenbedürfnis. Deshalb hätten die SBB bereits mehrere Millionen Franken in den Ausbau der persönlichen Kundenberatung eingesetzt – aber nur an den grösseren Bahnhöfen mit hohen Kundenfrequenzen.

Obwohl das Bahnreisebüro Wipkingen mit seiner Dienstleistungspalette mit den SBB-Büros Schritt halten kann, dürfte eine langfristige Sonderlösung schwierig sein. Für die SBB liegt dieser Bahnhof an der Peripherie. Bereits 1972 stutzten sie ihn zur unbedienten Haltestelle zurück.